Chinas Smartphone-Hersteller drängen auf den deutschen Markt

Philipp SchneiderHead of Marketing
November 18, 2019, 11:05 vorm. GMT+0

Chinesische Smartphones – abgesehen von Huawei – fliegen bei fielen Deutschen noch unter dem Radar. Nun wollen Xiaomi und Vivo mit Smartphones den deutschen Markt erobern. Ihre Chancen auf Interesse zu stoßen sind groß.

In deutschen Innenstädten und Einkaufszentren wird es bald noch mehr Handyläden geben. Der chinesische Hersteller Xiaomi hat erste Ladenlokale angemietet. In der Schweiz wurde kürzlich ein Flagship Store eröffnet – eine Mischung aus Apple Store und Media Markt, denn während Smartphones und Tablets im Mittelpunkt stehen, gibt es auch E-Roller, smarte Deckenleuchten und viele weitere Elektronikprodukte von der Marke. Ein Deutschlandstart der Marke Vivo kündigt sich ebenfalls an. Erste Fans haben die chinesischen Smartphone-Hersteller in Deutschland schon. Anhand von YouGov-Daten können wir mehr über diese Early Adopter erfahren.

Inzwischen kennen schon 15 Prozent der Deutschen Vivo und 18 Prozent Xiaomi, zumindest dem Namen nach. Während die Zahl für Vivo übers Jahr hinweg recht konstant blieb, konnte Xiaomi seine Bekanntheit deutlich steigern. Für das kommende Jahr erwarten wir einen noch deutlicheren Sprung nach oben, wenn die Marke mehr Präsenz zeigt und sich aktiv in Deutschland um Kundinnen und Kunden bemüht. Bisher mussten diese sich Geräte oft selbst aus dem Ausland schicken lassen. Inzwischen gibt es immerhin eine deutsche Website, der Shop ist allerdings an Amazon ausgelagert, und für Interaktionen mit dem Hersteller wird auf Facebook verwiesen.

Unbeschadet von Huawei

Dass sich die Kommunikation rund um die neuen Marken noch in Grenzen hält, zeigt der Attention-Score im Markenmonitor BrandIndex. Sowohl für Xiaomi als auch für Vivo liegt er im einstelligen Bereich . Zum Vergleich: Vom bekanntesten chinesischen Hersteller Huawei haben in den vergangenen Wochen 22 Prozent der Deutschen etwas gehört. Dieser Wert liegt übrigens immer noch weit über dem Niveau von 2018, als die Diskussion um mögliche Spionagewerkzeuge in Huaweis 5G-Technik noch keine große Rolle spielte, in deren Kontext Huaweis Buzz dann von +8 Punkten auf -15 abstürzte, sich aber aktuell langsam wieder erholt.

Schon während der 5G-Diskussion zeigten unsere Daten, dass Huaweis Imagekrise nicht auf andere chinesische Marken abfärbt. Aktuelle Daten untermauern das. Vivo und vor allem Xiaomi sind tendenziell eher positiv im Gespräch. Möglicherweise profitieren sie sogar von der Kritik an Huawei. Die Zielgruppenanalyse mit YouGov Profiles zeigt jedenfalls große Überschneidungen zwischen potenziellen Kundinnen und Kunden von Huawei und Xiaomi. Das Image der jeweiligen Marke könnte also leicht zum entscheidenden Kaufkriterium werden.

Lust auf Neuheiten

Verbraucherinnen und Verbraucher, die schon jetzt ein Gerät von Xiaomi oder Vivo nutzen oder sich den Kauf zumindest vorstellen können, liegen deutlich unter dem Altersdurchschnitt der Gesamtbevölkerung. Fast zwei Drittel von ihnen sind männlich. Sie halten sich über neue technische Geräte auf dem Laufenden und geben in etwa doppelt so oft wie Durchschnittsbürger an, Neuheiten schon zur Markteinführung zu kaufen. Unterschiede gibt es darin, wie diese Kaufinteressenten auf Produkte aufmerksam werden. Die Menschen, deren Interesse Vivo bisher geweckt hat, reagieren ihrer eigenen Einschätzung zufolge besonders positiv auf Werbung mit Prominenten, während Xiaomi-Interessentinnen und -Interessenten überwiegend verneinen, dass Werbung überhaupt Einfluss auf ihre Kaufentscheidungen hat.

Bei der Ansprache deutscher Verbraucher lohnt es sich für die chinesischen Firmen, einen genaueren Blick auf die Wünsche und Anforderungen der Zielgruppe zu werfen, um sich mit den richtigen Themen zu positionieren. So preisen die chinesischen Hersteller bei vielen ihrer Modelle besonders große Akkus oder kurze Ladezeiten an, obwohl die bisher von Xiaomi erreichten Deutschen unseren Daten zufolge überwiegend gar nicht das Problem haben, dass ihr Akku nie den ganzen Tag hält. Für das kommende Jahr erwarten wir mit dem offensiveren Markteintritt beider Marken daher nicht nur eine sich im BrandIndex abzeichnende größere Bekanntheit der Hersteller – einhergehend mit einer Zunahme der Kundschaft – sondern auch eine Schärfung der Kommunikationsinhalte bei der Ansprache der Zielgruppen.

So erschienen auf Wirtschaftswoche online.

Foto: dpa