Der Süßwaren-Hersteller Katjes erntet für einen Werbespot für vegane Schokolade heftige Kritik. Doch hat die Kampagne der Marke geschadet oder genutzt?
Dem Bauernverband gefällt die aktuelle Katjes-Kampagne gar nicht. Einige Dutzend Bauern demonstrierten vergangene Woche sogar vor dem Katjes-Werk in Emmerich am Niederrhein. Diese Woche soll der Werberat entscheiden, ob er eine Rüge gegen Katjes ausspricht. Viel Lärm also um einen 20-sekündigen Trickfilm-Spot, in dem Kühe als hochgezüchtete Milchmaschinen dargestellt werden.
Nun zeigen YouGov-Daten, dass die Werbung für Schokolade mit „Haferdrink“ statt Kuhmilch gar nicht so schlecht ankommt, wie Milchbauern und viele aufgebrachte Social-Media-Nutzer glauben lassen.
Die meisten Deutschen nehmen Katjes positiver wahr als noch Ende September. Die Kampagne könnte zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Darauf deutet der Buzz in unserem Markenmonitor BrandIndex hin. Der Wert stieg zuletzt auf einen Jahresbestwert für Katjes. Nie zuvor wurden Nachrichten rund um die Marke in den vergangenen zwölf Monaten von Verbrauchern so positiv wahrgenommen wie zurzeit.
Kunden ist Nachhaltigkeit wichtig
Vorwürfe, der Süßwarenhersteller habe Proteste und Shitstorm bewusst provoziert, um Aufmerksamkeit für sein neues Produkt zu generieren, werden vom BrandIndex bekräftigt. 15 Prozent der Deutschen geben an, in letzter Zeit etwas über Katjes gehört zu haben. Ein Wert, der deutlich höher liegt als vor Veröffentlichung des „Chocjes“-Spots und dem Aufmerksamkeitsniveau der Konkurrenten Milka und Haribo nahe kommt.
Obwohl Katjes bisher eher für Fruchtgummi bekannt ist als für Schokolade, passt das neue Produkt zur Marke. Schon länger steht im Zentrum der Markenkommunikation, dass das Sortiment durch den Verzicht auf (tierische) Gelatine rein vegetarisch ist – #achtemaldrauf. Auf den Verpackungen sind die entsprechenden Siegel und Hinweise nicht zu übersehen. Dementsprechend hat Katjes eine Kundenbasis aufgebaut, die verstärkt auf solche Themen Wert legt: Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit in Anbau und Produktion sind Katjes-KundInnen beim Einkauf überdurchschnittlich wichtig.
Schokolade mehrmals pro Woche
Gleichzeitig sagen 41 Prozent der Katjes-Kunden und -Kundinnen, sie würden mindestens einmal in der Woche Schokolade kaufen. Nur 28 Prozent der Gesamtbevölkerung packt die Lust auf Schokolade gleichermaßen oft. Im Vergleich steht auf den Einkaufszetteln der Katjes-Liebhaber häufiger Schokolade von Milka (34 Prozent vs. 24 der Deutschen), Ritter Sport (31 vs. 20 Prozent) oder Kinder-Schokolade (23 vs. 12 Prozent). Diesen Marken könnte „Chocjes“ also am ehesten Marktanteile abnehmen.
Positive Stimmen in sozialen Medien haben Katjes dafür gelobt, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Das entspricht der Ansicht eines Großteils der Katjes-Kundschaft und unseren Daten in Profiles. 39 Prozent finden es angemessen, wenn Unternehmen Tierquälerei in Marketingmaterialien thematisieren (Gesamtbevölkerung: 32%) und 45 Prozent (38%) finden, dass Umweltfragen im Marketing angesprochen werden sollten. Überdurchschnittlich viele Katjes-Kunden finden es zudem wichtig, dass Marken mit Authentizität und Ehrlichkeit kommunizieren.
Mit einem derart aufsehenerregenden Clip ein neues Produkt einzuführen war mutig von Katjes. Aber das Unternehmen scheint seine Zielgruppe gut zu kennen – sie ist sowohl der Message als auch der Art der Kommunikation gegenüber besonders offen eingestellt, wie YouGov-Daten zeigen. 71 Prozent der Katjes-Kunden ist es sehr wichtig, dass eine Marke vertrauenswürdig ist.
Drum gilt es für Katjes, die überzeugten Kunden, ob Stamm- oder Neukunde, nicht zu enttäuschen. Ansonsten schlägt die gewonnene Aufmerksamkeit schnell in den Verlust der Markenauthentizität um.
So erschienen auf Wirtschaftswoche Online.