5G-Streit bedroht auch Huaweis Handy-Sparte

Philipp SchneiderHead of Marketing
März 25, 2019, 10:44 vorm. GMT+0

Seit Monaten wird über mögliche Spionagewerkzeuge in Netzwerktechnik von Huawei diskutiert. Das hat Auswirkungen auf die Beliebtheit der Smartphones des chinesischen Herstellers in Deutschland.

Beweise gibt es keine, jedenfalls keine, die der Öffentlichkeit zugänglich wären. Trotzdem wird seit Monaten darüber diskutiert, ob die neuen 5G-Mobilfunknetze mit Geräten des chinesischen Herstellers Huawei aufgebaut werden sollen. Denn möglicherweise könnte das Unternehmen von der Regierung Chinas dazu veranlasst werden, versteckte Spionagewerkzeuge in die Technik einzubauen. So zumindest der Vorwurf, der vor allem von den USA erhoben wird.

Obwohl das Thema doch recht speziell ist, wird es nicht nur branchen-intern, wie zuletzt auf dem MWC in Barcelona, oder auf internationaler politischer Ebene diskutiert, sondern erreicht auch die Verbraucher. 23 Prozent der Deutschen geben an, in den vergangenen zwei Wochen etwas über Huaweigehört zu haben. Ein Wert, den in der Elektronikbranche zuvor nur Marken wie Samsungoder Apple regelmäßig erreicht haben.

Was die Verbraucher seit Januar über Huawei hören, bewerten sie allerdings überwiegend als negativ. Das zeigt der Buzz im YouGov-Markenmonitor BrandIndex. Der Buzz kann zwischen -100 und +100 Punkten liegen und ist ein Indikator dafür, wie positiv oder negativ eine Marke in der öffentlichen Meinungsbildung wahrgenommen wird. Im Laufe des vergangenen Jahres erreichte Huawei recht konstant zwischen +8 und +13 Punkte und lag damit zwischen Apple und Samsung. Doch seit der 5G-Diskussion fällt der Buzz – inzwischen ist er negativ.

Hohe Wechselbereitschaft

Der Buzz reagiert auf kurzfristige Entwicklungen, dient aber auch als Trendmesser. Wenn sich die aktuellen Negativnachrichten mittelfristig auf das Gesamtimage der Marke auswirken, droht sie nicht nur Aufträge im Netzwerk-Aufbau zu verlieren, sondern auch Smartphone-Kunden. Huawei-Nutzer sind ohnehin weniger loyal als etwa Nutzer von Samsung-Smartphones. 46 Prozent von ihnen tendieren mehr oder weniger stark dazu, beim nächsten Handykauf die Marke zu wechseln, während nur 34 Prozent der Samsung-Nutzer eine andere Marke in Betracht ziehen würden.

Auch Neukunden zu überzeugen, dürfte für Huawei schwieriger werden. In unserem Zielgruppen-Analyse-Tool YouGov Profiles sehen wir, dass Verbraucher, die den Kauf eines Huawei-Geräts zumindest in Betracht ziehen würden, gleichzeitig auch viel stärker politisch interessiert sind als der Bevölkerungsdurchschnitt. Zudem liefern Profiles-Daten Hinweise darauf, dass sowohl aktuelle als auch potentielle Huawei-Kunden überdurchschnittlich skeptisch sind, wenn es um IT-Sicherheit geht.

Xiaomi und ZTE kaum berührt

Was für Huaweis Smartphone-Sparte zum Problem werden könnte, eröffnet anderen Chancen. Huawei-Nutzer zeigen überdurchschnittliches Interesse vor allem an Medion, Lenovo, LG und Asus. Wer sich vorstellen kann, Huawei-Kunde zu werden, ist besonders oft auch an Samsung, Nokia oder HTCinteressiert. Das richtige Paket aus Handy und Tarif könnte diese Zielgruppen ansprechen, vor allem wenn es von 1&1, Klarmobil oder Mobilcom-Debitel kommt – Anbieter, bei denen Huawei-Nutzer und -Interessenten überdurchschnittlich oft Kunde sind.

Andere Marken profitieren schon heute von der Diskussion um Huawei. Samsung ist bei der 5G-Technik eine Alternative zu Huawei – und natürlich auch bei Smartphones. Während das Unternehmen schon fleißig Leute einstellt, um der erhofften steigenden Nachfrage nach seinen 5G-Komponenten gerecht werden zu können, dürfte auch Samsungs Endkundengeschäft profitieren. Die Marke erreicht ohnehin regelmäßig Top-Platzierungen in unseren Rankings, aber aktuell bricht der Buzz von Samsung Rekorde. Nahezu im gleichen Maß wie Huawei verliert, gewinnt Samsung hinzu. Nokia als europäischer Anbieter von 5G-Ausrüstung kann das allerdings nicht von sich behaupten. Und interessanterweise ist auch der zweite chinesische Netzwerkausrüster, ZTE, nicht besonders von der Diskussion berührt. Verbraucher verallgemeinern die Spionage-Vorwürfe anscheinend nicht, was sich auch daran zeigt, dass der Buzz des beliebten chinesischen Smartphone-Herstellers Xiaomi nicht gelitten hat.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Foto: dpa