Lebensversicherung: Bleiben die Kunden?

Simon KlugeBis Juli 2018 Head of Data Products.
Juli 23, 2018, 9:50 vorm. GMT+0

Versicherern sind ältere Lebensversicherungspolicen seit Längerem ein Dorn im Auge. Doch die große Mehrheit der Policen-Besitzer scheint sich ihrem Schicksal bislang zu fügen.

Ist der „Run-Off“ der Versicherer nun gut oder schlecht für die Verbraucher? „Den Kunden wird bald klar sein, dass das die beste Lösung ist“, wird der Generali-Manager Giovanni Liverani dieser Tage zitiert. „Die Interessen der Versicherungsnehmer könnten gegenüber den Gewinnbestrebungen der Investoren in den Hintergrund rücken“, warnt hingegen die Verbraucherzentrale. Allein die Generali, hier stellvertretend für die Branche stehend, will aktuell rund vier Millionen Lebensversicherungsverträge an eine sogenannte Run-off-Gesellschaft übertragen.

Seit Jahren kämpfen die Lebensversicherer damit, in Zeiten niedriger Zinsen die in älteren Verträgen zugesagten Gewinne zu erwirtschaften. So wollen viele von ihnen diese auch am liebsten loswerden.

Verbraucher, die ihre Lebensversicherungen seinerzeit im Vertrauen auf die Stabilität der gewählten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen haben, müssen andererseits darauf hoffen, dass diese Run-off-Gesellschaften tatsächlich besser wirtschaften – oder selber kündigen. Wozu die Versicherungskunden tendieren, darauf kann der BrandIndex Hinweise geben, der kontinuierliche Markenperformance-Monitor von YouGov.

Es zeigt sich, dass viele Verbraucher von den aktuellen Plänen der Generali gehört haben, seit sie Anfang Juli bekannt wurden. In unseren täglichen repräsentativen Umfragen haben in den vergangenen zwei Wochen zum Beispiel zwar nur sechs Prozent aller Verbraucher angegeben, etwas Positives oder Negatives über die Marke Generali gehört zu haben, doch Versicherungskunden waren hier hellhöriger. Unter den Besitzern einer Lebensversicherung waren es im selben Zeitraum bis zu elf Prozent, die derartiges zum Versicherer wahrgenommen haben.

Generali-Kenner scheinen zumindest skeptischer zu werden. Fragen wir sie, wie ihr allgemeiner Eindruck zur Generali ausfällt, zeigen sie sich momentan verunsichert: Der Anteil an Positiv-Antwortenden hat abgenommen, während die negativen Stimmen gestiegen sind. In Summe führt der Saldo beider Anteilswerte zu einem Wert, der aktuell fällt und gen Null tendiert. Die Stimmen der Markenkenner bei dieser Frage halten sich demnach weiterhin in der Waagschale, was sich aber noch ändern kann, sollte sich die aktuelle Entwicklung fortschreiben.

So führen die Ergebnisse bislang nicht zwangsläufig zum Fazit, dass der Plan, die Lebensversicherungen abzustoßen, das Image der Generali langfristig negativ beeinflussen wird. Im vergangenen Jahr hat auch die Ergo-Versicherung angekündigt, ihre Lebensversicherungs-Töchter abzustoßen, hat dies letztlich aber doch nicht getan. Die Arag hingegen hat im Juni grünes Licht von der Bafin bekommen, um ihre Lebensversicherungssparte an die Frankfurter Leben zu übertragen. Die Imagewerte von Arag und Ergo haben unter diesen Nachrichten gemäß unseren Ergebnissen nicht gelitten. Deren eigentliche Index-Scores, mit denen wir das Abschneiden einer Marke bei mehreren Fragestellungen im Rahmen unserer Online-Interviews für den BrandIndex zusammenfassen und auf diese Weise ein zuverlässiges Gesamtbild zur Performance einer Marke ausweisen können, zeigen sich stabil – selbst Versicherungsnehmer strafen diese Marken nicht dafür ab, dass sie ihre Altverträge loswerden wollen.

Vielleicht behält Giovanni Liverani somit Recht mit seiner Aussage, dass die Kunden seines Unternehmens den geplanten Verkauf der Policen letztlich nachvollziehen werden. Entschieden ist das bislang allerdings noch nicht, erste vorliegende Ergebnisse im BrandIndex lassen hierzu noch alle Optionen offen.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa