Neues Nutella-Rezept: Verbraucher werden verunsichert, kaufen aber weiter

Simon KlugeBis Juli 2018 Head of Data Products.
November 27, 2017, 9:54 vorm. GMT+0

Ferrero hat wegen der Änderung seiner Nutella-Rezeptur für viel Aufregung gesorgt. Der Aufstrich wird trotzdem weiter auf den Brötchen und Brotscheiben der Deutschen landen.

Vermutlich wäre es Ferrero am liebsten gewesen, niemand hätte überhaupt erst über die Änderung der Nutella-Rezeptur berichtet. Auf der firmeneigenen Webseite ist von einer „Feinjustierung der Rezeptur“ die Rede, welche „lediglich eine geringfügige Anpassung“ darstellt. Otto Normalverbraucher soll diese Information wohl so einordnen, als ob eigentlich gar nichts passiert sei, was auch nur annähernd Aufmerksamkeit verdient hätte. Doch für die Produkte der Frankfurter gelten bei derartigen Meldungen manchmal ganz andere Gesetze.

Und genau dies war nun wieder einmal der Fall, wie aktuelle Ergebnisse unserer kontinuierlichen Befragungen für den YouGov Markenmonitor BrandIndex belegen. Wir befragen hierzu Verbraucher unter anderem, ob sie in den letzten 2 Wochen von einer Marke Positives oder Negatives mitbekommen haben. Bevor die Meldungen zur Rezepturänderung in den Medien aufkamen, bestätigte dies zu Nutella jeder fünfte Markenkenner. Nach dem 7. November stieg diese Zahl dann auf fast jeden dritten Nutella-Kenner an. Und fast genauso viele Kenner bestätigen uns auch, dass Nutella aktuell bei ihnen ein Gesprächsthema ist.

Mangelnde Transparenz als Vorwurf

Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte auf die Rezepturänderung in einem Facebook-Post hingewiesen, mangelnde Transparenz kritisiert und damit den Stein ins Rollen gebracht. Tatsächlich beantwortet Ferrero auf der eigenen Webseite nicht genau, warum diese Nutella-Rezepturänderung überhaupt vorgenommen wurde. Auch dürfte eine Ungenauigkeit zu noch größerer Verwirrung beigetragen haben: Es seien nämlich nicht „1,2% mehr Milchpulver“, sondern 1,2 Prozentpunkte – was umgerechnet 16 Prozent mehr Milchpulver entsprechen.

Schauen wir uns genauer an, wie viele Verbraucher uns bestätigen, Positives oder Negatives zu Nutella wahrgenommen zu haben - hierzu saldieren wir die Anteilswerte von positiven und negativen Antworten - , zeigt sich folgendes Bild: Lag der Saldowert im 2-Wochen-Schnitt am 4. November auf einer möglichen Skala von -100 bis +100 Punkten noch bei soliden +13 Scorepunkten, war er zwei Wochen nach Bekanntwerden der Rezeptänderung in den negativen Bereich gesunken, und zwar auf -3 Punkte. Dies entspricht insgesamt drei Prozentpunkten mehr an Markenkennern, die Negatives zu Nutella gehört hatten statt Positives. „Nutella ändert das Rezept“ sorgte bei vielen Verbrauchern somit erst einmal für Verunsicherung.

Qualitätsimage und allgemeiner Eindruck bleiben stabil

Was auch immer für die Änderung der Rezeptur letztlich ursächlich gewesen ist – die Verbraucher bleiben Nutella dennoch treu. Markenkenner bewerten die Qualität des kakaohaltigen Brotaufstrichs aktuell zwar etwas schlechter als noch vor zwei Wochen – doch weiterhin genauso gut wie zum Beispiel Anfang Mai oder Anfang August in diesem Jahr. Auch bei unseren Fragen zum allgemeinen Eindruck oder zum Preis-Leistungs-Verhältnis hat Nutella bis dato kaum Imagefedern lassen müssen. Nahezu gleich viele Befragte wie sonst bestätigen uns, dass Sie den Kauf von Nutella-Produkten in Erwägung ziehen.

Ferrero hätte hierzulande mit einer offeneren oder vielmehr proaktiven Kommunikationsstrategie womöglich der ein oder anderen Verbraucher-Entrüstung vorbeugen können. Doch die Nutella-Fangemeinde hat das Unternehmen dennoch durch seine Vorgehensweise nicht wirklich vergrault. Zumindest das Timing war sicherlich sehr unglücklich, zumal die ganzen Meldungen mit dem Start der Vorweihnachtszeit zusammenfallen und Ferrero gerade in den nächsten Wochen gemeinsam mit Wettbewerbern wie Lindt, Ritter Sport oder Milka darum buhlt, wertvolles Saisongeschäft zu erzielen. Schließlich kommt jetzt die Zeit, wo wir deutlich mehr Lust auf süße Naschereien haben als sonst.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa