Neues Spielzeug: Raus aus der Analog-Nische

Simon KlugeBis Juli 2018 Head of Data Products.
Juli 03, 2017, 6:36 vorm. GMT+0

Ein kleiner Plastik-Luther bricht Playmobils Verkaufsrekorde und Ravensburger meldet fast eine halbe Milliarde Euro Umsatz. Die deutschen Spielwarenhersteller behaupten sich gut, erste erfolgreiche Schritte in Richtung Digitalisierung wurden gemacht.

Eine Pappschachtel mit blauer Ecke, Plastikfiguren mit Händen geformt wie ein C: Die beiden Spielzeugmarken Ravensburger und Playmobil gehören definitiv zu den Marken mit dem größten Wiedererkennungswert. Mehr als 80 Prozent der Verbraucher kennen sie. Zum Vergleich: 75 Prozent der Verbraucher geben an, Barbie zu kennen, 28 Prozent sagt die Marke Kosmos etwas. Aus Sicht von Playmobil und Ravensburger sind das sehr zufriedenstellende Zahlen aus dem YouGov-Markenmonitor BrandIndex. Die Ergebnisse unserer kontinuierlichen Umfragen zeigen auch, welche anderen Marken in die Riege der Top-Spielzeugmarken aufschließen könnten.

Die Merchandise-Artikel zur Vorschul-Serie Paw Patrol und saisonbedingt die mit dem Wort Wasserpistole nur unzureichend beschriebenen Nerf Guns beispielsweise machen gerade durch erhöhte Werbewahrnehmung auf sich aufmerksam. Die Tamagotchi-ähnlichen Hatchimals oder die Autorennbahn Overdrive von Anki kennen zwar bisher nur die wenigsten Deutschen, aber die widmen diesen Spielzeugen laut unseren Daten eine große Menge Aufmerksamkeit. „Dank der fortschrittlichen Technologie erlebst du die Zukunft schon heute“, steht auf der Website von Anki. Wer will angesichts Smartphone-App-gesteuerter Rennwagen schon noch zur guten alten Carrera-Bahn greifen, auch wenn diese mit 71% Bekanntheit immer noch zu den Top 10 der bekanntesten Spielzeugmarken zählt und auch weiterhin eine sehr solide Qualitätsbewertung bekommt?

Elektronik und Apps

Genauso wie Carrera drohen Ravensburger und Playmobil von elektronischen, app-getriebenen Spielzeugen verdrängt zu werden. Hervorragende Zufriedenheitswerte oder eine große Weiterempfehlungsbereitschaft könnten dann schnell zur Nebensache werden. Bei Playmobil und Ravensburger ist man sich dieser Herausforderung bewusst. Beide Unternehmen sind dabei, sich neu auszurichten. Bei Playmobil gab es im vergangenen Jahr einen Führungswechsel und damit verbunden größere und kleinere Reibereien, Ravensburger hat gerade erst einen neuen Chef bekommen. Clemens Maier – Urenkel des Firmengründers – will auf virtuelle Realität und internationale Expansion setzen.

Tiptoi kommt gut an

Den Weg ins Digitalzeitalter hat für Ravensburger der smarte Stift „Tiptoi“ schon geebnet. Die Marke ist separat im BrandIndex gelistet und behauptet sich gut. Immerhin jeder Vierte kennt Tiptoi. Bei den bis-50-Jährigen sogar jeder Dritte. Tiptoi schafft es, zum Gesprächsthema zu werden: 16 Prozent der befragten Kenner der Marke geben an, sich kürzlich über Tiptoi unterhalten zu haben. Das ist in etwa der gleiche Gesprächswert, den Lego erreicht.

Es ist natürlich möglich, dass viele der neu aufkommenden Marken doch schnell wieder verschwinden werden. Aber es ist so gut wie sicher, dass rein analoge Spielwaren immer mehr zur Nische werden. Für die beiden deutschen Flaggschiffe Playmobil und Ravensburger gilt es also, die Digitalisierung der Branche genau zu beobachten und nicht das Gespür dafür zu verlieren, was Verbraucher im Youtube- und VR-Zeitalter von modernem Spielzeug erwarten.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa