Deutsche gespalten bei HartzIV-Sanktionen, knappe Mehrheit für Abschaffung

Januar 17, 2017, 5:20 nachm. GMT+0

Geringverdiener und Wohlhabende sehen eine mögliche Abschaffung der Sanktionen gegen die Bezieher von ALG II sehr unterschiedlich.

Immer wieder fordern Wohlfahrtsverbände die Abschaffung der Hartz-IV Sanktionen, die Linkspartei und Hartz-IV Aktivisten tun es schon lange, und seit dem September wollen auch die Grünen mit der Forderung die Wähler für sich gewinnen.

Jedes Jahr werden etwa einer Million Beziehern des Arbeitslosengeldes II wegen – angeblichem oder tatsächlichem – Fehlverhalten wie Nicht-Erscheinen zu Terminen die Leistungen gekürzt. Durchschnittlich werden dabei die Bezüge von 409 Euro für alleinstehende Erwachsene um 108 Euro gekürzt.

Eine aktuelle YouGov-Umfrage zeigt, dass zwar viele Deutsche denken, dass die Sanktionen notwendig sind, noch mehr sie aber für eine große Belastung für die Betroffenen halten und insgesamt eine knappe Mehrheit für ihre Abschaffung plädiert.

Sechs von zehn Deutschen (60 Prozent) denken, dass Hartz-IV Sanktionen nötig sind, weil sich die Bezieher des Arbeitslosengeldes sonst nicht genug bemühen Arbeit zu finden. Jeder Dritte (30 Prozent) sieht das nicht so. Ebenfalls genauso viele Befragte (60 Prozent) denken, dass Hartz-IV Bezieher ohne Sanktionen den Sozialstaat ausnutzen würden und 29 Prozent denken das Gegenteil. Doch die meisten Befragten wählen hier die „eher“-Antwort – sind also nicht sehr überzeugt.

Doch noch mehr Befragte (69 Prozent) sagen, die Sanktionen sind eine große Belastung für die Betroffenen. Dem stehen 17 Prozent gegenüber, die hier keine große Belastung für die Betroffenen sehen.

Eher uneinig sind sich die Befragten darüber, ob die Sanktionen mehr schaden als nutzen. 45 Prozent sehen in ihnen keinen Schaden, 40 Prozent hingegen schon. Möglicher Missbrauch oder fehlender Anreiz zur Arbeitssuche, vor allem aber eine große Last für die Betroffenen – so sehen die Deutschen die Hartz-IV Sanktionen. Und genauso gespalten wie in der Frage, ob Nutzen oder Schaden überwiegt, zeigen sich die Deutschen auch in der Frage nach einer Abschaffung der Maßnahmen.

Insgesamt sprechen sich 43 Prozent der Deutschen für die Abschaffung der Sanktionen aus, 42 Prozent sind dagegen. Während es in Westdeutschland eine knappe Mehrheit gegen die Abschaffung der Sanktionen gibt (43 zu 42 Prozent), gibt es im Osten eine deutlichere Mehrheit für eine Beendigung der Sanktionen (49 zu 39 Prozent).

Und es sind vor allem Gutverdiener, die an den Sanktionen festhalten wollen: Je höher das Einkommen, desto größer die Ablehnung einer Abschaffung der Maßnahmen. So gibt es in den Einkommensgruppen bis 3000 Euro Haushaltsnettoeinkommen eine Mehrheit für die Abschaffung der Sanktionen.

Bei denen, die über 1000 Euro oder weniger monatlich verfügen, stimmen 66 Prozent der Forderung nach Abschaffung der Sanktionen zu, nur 22 Prozent lehnen ab. In der höchsten Einkommensgruppe sind die Mehrheitsverhältnisse fast genau umgekehrt. Bei denen, die über 4000 Euro oder mehr Nettoeinkommen verfügen, lehnen 63 Prozent die Forderung ab, 29 Prozent stimmen zu.

In einer weitgehend unbeachteten Studie empfehlen übrigens Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Sanktionen gegen Hartz-IV Empfänger zu entschärfen. Das Institut gehört zur Bundesarbeitsagentur.

Die Ergebnisse der Umfrage können hier kostenlos heruntergeladen werden.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden in Deutschland 1001 Personen im Zeitraum vom 27. bis 30. Dezember 2016 repräsentativ befragt.

Foto: DPA