Mercedes in China: Im Kampf gegen BMW, Audi ... und die eigenen Führungskräfte

Philipp SchneiderHead of Marketing
Dezember 19, 2016, 3:26 nachm. GMT+0

Vor einigen Wochen entließ der Daimler Konzern in China einen Manager des Unternehmens, nachdem dieser im Streit um einen Parkplatz Chinesen rassistisch beleidigt und an der Auseinandersetzung Beteiligte mit Pfefferspray besprüht haben soll.

Über den Vorfall wurde breit in den chinesischen Medien berichtet und auch die sozialen Netzwerke des Landes waren in Aufruhr. Dies ging so weit, dass Nutzer von Online-Communities zum Boykott der Luxus-Automarke aufriefen. Obwohl der seiner Verantwortung enthobene Manager für die Lastwagen- und Bussparte des Daimlerkonzerns in China zuständig war, wirkte sich die Berichterstattung rund um den Vorfall auch auf die zum Konzern gehörende Tochtermarke Mercedes aus, die deutlich höher in der Wahrnehmung der chinesischen Konsumenten rangiert.

In der auf die Vorkommnisse folgenden Woche zeigt unser Markenmonitor YouGov BrandIndex, mit dem wir täglich das Image tausender Marken weltweit, davon rund 800 in China, tracken, deren Auswirkungen auf den Automobilhersteller. Der Indexwert für Mercedes, der auch als Indikator für die allgemeine Gesundheit einer Marke gelesen werden kann, fiel auf den niedrigsten Wert für Mercedes seit der Aufnahme der Marke in das Tracking für den chinesischen Markt.

Ob dies eine direkte Auswirkung der Geschehnisse rund um den Manager der Konzernmutter ist, ist allerdings nicht ganz eindeutig zu klären, da die Bewertung der gesamten Autobranche schon im Vorfeld und während des Zeitpunkts einen Abwärtstrend aufwies.

Gleichzeitig stieg in den Wochen nach dem Vorfall der Buzz, ein Maß für die Häufigkeit und Tonalität wahrgenommener Gespräche über eine Marke, von Mercedes leicht an. Ob dies an der schnellen Trennung vom Manager, der Kurzlebigkeit des Mediengeschäfts oder einer wenig ausgeprägten Assoziation von Mercedes mit der Markenmutter Daimler liegt bleibt allerdings offen.

Deutlich mehr Sorgen, als über den gerade überstandenen Shit-Storm sollte sich Mercedes um das vergleichsweise schlechtere Abschneiden gegenüber der Konkurrenz im Luxus-Segment machen. So hinkt die Marke den ebenfalls deutschstämmigen Herstellern Audi und BMW, die den BrandIndex für Automobilbauer in China konstant anführen, in der Wahrnehmung der chinesischen Konsumenten deutlich hinterher. So bewegt sich der Index-Wert der Marke im Mittel zwischen anderen Mitbewerbern im Luxus-Segment sowie starken Automobilmarken, die den Massenmarkt bedienen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es für die Marke wichtig, ihr Standing zur direkten Konkurrenz zu verbessern. Dass dies zu den Zielen des Unternehmens gehört, zeigt die kürzlich begonnene Vermarktung von Lifestyle Produkten und Services für das gehobene Klientel, darunter der „Mercedes me“ Store in Chinas Hauptstadt Beijing.

Überdurchschnittlich aber mit viel Luft nach oben

Ein direkter Vergleich zwischen Mercedes und dem gegenwärtig von chinesischen Konsumenten am besten bewerteten Mitbewerber BWM zeigt, welche Lücke hier zwischen den beiden Automobilanbietern klafft. Zwar liegt Mercedes in sechs von sieben im BrandIndex abgebildeten Dimensionen deutlich über dem Branchenschnitt, BMW wird allerdings in allen Dimensionen am chinesischen Markt besser bewertet. Interessant hierbei: Die Zufriedenheit der chinesischen Kunden mit Mercedes liegt unter dem Branchenschnitt. Hier zeigt sich eine deutliche Baustelle für das Unternehmen.



Obwohl die Marke die Branche in allen Dimensionen, darunter Reputation, Qualität, und Buzz, weitestgehend anführt, läuft auch in China nicht alles rund für BMW. So würden Konsumenten häufiger zu einem Fahrzeug von Audi greifen, als zu einem BMW.


Dass Probleme einer Marke sich auch auf andere Marken übertragen können, zeigen nicht nur die Diskussionen um den Abgasskandal in Deutschland. Auch in China brachen nach dem Vorfall mit dem Daimler-Manager die Index-Werte aller deutschen im Land operierenden Automobilmarken ein. Inklusive Porsche und Volkswagen. Ein zu befürchtendes generelles Einbrechen der Wahrnehmung deutscher Marken auf dem chinesischen Markt blieb allerdings aus. So stiegen in der Woche während und nach dem Vorfall die BrandIndex-Werte anderer großer deutscher Marken, wie Siemens und Bosch, deutlich.

Bild: dpa