Hillary für den Weltfrieden?

Oktober 27, 2016, 3:23 nachm. GMT+0

Warum denken so viele Deutsche, dass der Falke Hillary Clinton am ehesten für Weltfrieden sorgen könne? Die Daten geben erste Hinweise darauf, ob nur Unwissen der Grund dafür ist.

Ein Kommentar

Aktuell sind die Macher von „Jung und Naiv“ in den USA unterwegs. Und weil die Welt dieser Tage auf den amerikanischen Wahlkampf schaut, haben die Jungjournalisten in Kooperation mit YouGov den Deutschen eine „weltpolitische Frage“ gestellt. Diese lautete: Welche/r Präsidentschaftskandidat/in könnte aus Ihrer Sicht am ehesten für Weltfrieden sorgen?

Die Umfrageteilnehmer sorgten mit ihren Antworten dabei für mehrere wenig überraschende und ein vielleicht überraschendes Ergebnis, wie ein Blick auf die Daten zeigt.

Zunächst einmal sagt ein Drittel „Keiner“ der Kandidaten könne für Weltfrieden sorgen. Angesichts der konfliktvollen Geschichte amerikanischer Außenpolitik und der zahlreichen Interventionen der USA in anderen Ländern und Konflikten eine zu erwartende Antwort. 3 Prozent meinen, der Libertäre Kandidat Gary Johnson sei der Mann für den Weltfrieden. Diese Ansicht ist leicht nachvollziehbar, ist Johnson doch Verfechter des Isolationismus, also der Doktrin, dass sich Amerika nirgendwo in der Welt einmischt. Leicht isolationistische Tendenzen hat auch Donald Trump, der in letzter Zeit zwar mit seiner wohlwollenden Einstellung gegenüber Russland auffiel, anderweitig aber mit eher weniger friedlichen Äußerungen für Aufmerksamkeit sorgte. Vielleicht deswegen sagen 4 Prozent der Befragten, Trump könne für Weltfrieden sorgen. Genauso viele Befragte trauen die vielleicht schwerste Aufgabe der Welt am ehesten der friedensbewegten Kandidatin der Grünen Jill Stein zu.

Doch die meisten Deutschen (42 Prozent) sind der Ansicht, wenn jemand den Frieden auf Erden schaffen könne, dann nur Hillary Clinton. Nicht nur die Macher von „Jung und Naiv“, auch andere kritische Kenner der Politik Hillary Clintons werden bei einem solchen Ergebnis ins Grübeln kommen.

Ist es so, wie Tilo Jung vermutet, dass die Ergebnisse zeigen, dass die Deutschen „bisher unzureichend über die außenpolitischen Vorstellungen und Handlungen“ Clintons informiert wurden? Schließlich hat Hillary Clinton als Senatorin für den Irak-Krieg gestimmt und als Außenministerin scheute sie neben der Diplomatie auch vor der kriegerischen Durchsetzung nicht zurück. Politische Beobachter haben sie deswegen in außenpolitischen Fragen auch als „Falke“ bezeichnet. Wie gut die Deutschen über die außenpolitischen Positionen Hillarys informiert sind, wissen wir nicht, weitere Daten der Umfrage können allerdings zumindest Hinweise darauf geben, ob Nicht-Wissen das Problem ist.

Bildung hat einen gewissen Einfluss, aber er ist klein. 46 Prozent der Befragten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung votieren für Clinton als Friedensbringer, aber auch 40 Prozent der Akademiker tun das. Doch formale Bildung bedeutet ja nicht automatisch politisches Wissen. YouGov fragt auch das politische Interesse ab und das könnte zumindest ein gewisser Indikator für politisches Wissen sein. Am wenigsten Vertrauen in die Fähigkeit Clintons Frieden über die Welt zu bringen zeigen überhaupt nicht politisch Interessierte (28 Prozent). Am meisten überzeugt davon, Hillary könne die größte politische Herausforderung der Weltpolitik meistern, zeigen sich Befragte die ziemlich stark interessiert sind (48 Prozent).

Übrigens glauben auch 38 Prozent der Wähler der laut Eigenangaben am meisten friedensbewegten Partei Deutschlands: Den Job kann nur Clinton. Denn wenn sie nur die Wahl zwischen den beiden aktuellen US-Präsidentschaftskandidaten haben, sagen auch die meisten Linkspartei-Wähler, dass am ehesten Hillary für den Weltfrieden sorgt.

Vielleicht ist also nicht Unwissen, sondern das sonstige Personaltableau das Problem, insbesondere, das wenige Deutsche dem Kandidaten der Republikaner den Weltfrieden oder allgemein viel zutrauen. Das zeigen die niedrigen Werte für Trump, aber auch aller anderen Kandidaten.

Eine andere Erklärung für das scheinbar unerklärliche Vertrauen der Deutschen in Clintons friedenspolitisches Geschick könnte die Einsicht sein, das für den Frieden vielleicht manchmal amerikanische Stärke wichtig ist und das es dafür eine Politikerin braucht, der Diplomatie wichtig ist, die aber auch nicht vor dem Einsatz von Waffen zurückschreckt. Etwa in Syrien. Dort haben sich die kriegsmüden Amerikaner nur sehr zurückhaltend engagiert. Die Welt ist in den letzten Jahren relativer amerikanischer Zurückhaltung nicht gerade friedlicher geworden, in Syrien verwandeln die russische Luftwaffe und Assads Armee Ost-Aleppo dieser Tage in eine Kulisse für einen Endzeit-Film. Nicht-Intervention ist vielleicht auch angesichts dessen für die Deutschen offenbar keine Option. In einer YouGov-Umfrage im Auftrag von Avaaz erklärten jüngst 69 Prozent der Deutschen, dass sie die Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien befürworten. Die fordert auch Clinton.

Vielleicht sind die grundsätzlich eher pazifistischen Deutschen zu der Einsicht gelangt, dass man manchmal intervenieren muss. Ob das wirklich stimmt wäre noch zu klären. Am besten mit einer Umfrage. Zu erfragen wäre natürlich auch, wie die Deutschen eine mögliche Intervention in Syrien sehen. Auch dazu hat Jung & Naiv die Deutschen befragt.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 2091 Personen im Zeitraum vom 14. Oktober bis 17. Oktober 2016 repräsentativ befragt.