Postbank: Soll die Deutsche Bank verkaufen oder nicht?

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Juni 13, 2016, 12:57 nachm. GMT+0

Die Deutsche Bank will ihre Tochter Postbank loswerden. Einiges spricht dafür – doch eindeutig ist die Situation nicht.

Die Deutsche Bank hat es zwar nicht eilig – aber in den kommenden zwei Jahren will sie die Postbank verkaufen, die seit 2015 eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bank ist. Deren Chef John Cryan bemüht schon die Öffentlichkeit bei der Käufersuche: „Wenn Sie jemanden kennen, der eine deutsche Filialbank kaufen will - lassen Sie es mich wissen.“ Manche Aktionäre sind mit dem Verkaufswunsch wohl nicht einverstanden und schlagen vor, den Verkauf nochmal zu überdenken. Immerhin hätte die Postbank 2015 einen soliden Gewinn erwirtschaftet.

Und tatsächlich – ein Blick in den YouGov-Markenmonitor BrandIndex verrät: Es ist nicht einfach. Die Postbank vereint Chancen, sich weiterzuentwickeln und Risiken, zu einer eher unbedeutenden Bank zu werden, gleichermaßen.

Eine Bank für alle, aber auch beliebig

Ganz klar: Die Postbank gehört zu den größten deutschen Banken, hat nach Sparkasse, Volks- und Raiffeisenbank sowie ING-DiBa die meisten Kunden in Deutschland und fast neun von zehn Deutschen kennen die Marke Postbank. Chancen, neue Kunden zu gewinnen, sind ebenfalls durchaus vorhanden: 17 Prozent aller derjenigen, die angeben, die Marke Postbank zu kennen, ziehen sie in die engere Wahl, wenn es darum geht, sich für eine Bank zu entscheiden. Mehr Nennungen erreichen hier nur die fast in allen Bereichen dominierenden Banken Sparkasse, ING-DiBa und Volks- und Raiffeisenbanken. Die Deutschen haben die Postbank auf dem Schirm. Zum Vergleich: Die Konzernmutter ist nur bei 10 Prozent der Kenner im Relevant Set.

Andererseits ist hier eine gewisse Beliebigkeit zu erkennen. Die Postbank verzeichnet potenzielle Kunden in allen Altersklassen, unabhängig vom Geschlecht. Immerhin: Menschen mit Online-Girokonto interessieren sich etwas mehr für die Postbank als die mit Konto bei einer Filialbank. Doch einen relevanten Vorteil durch punktgenaue Zielgruppen-Ansprache kann die Postbank dadurch trotzdem nicht erlangen: Die Verbraucher mit Filial-Konto würden zurzeit neben den drei Platzhirschen noch eher die Sparda- als die Postbank wählen. Bei den Online-Girokonto-Inhabern liegt die Comdirect gleichauf und die DKB Deutsche Kreditbank leicht vorn.

Ein gemischtes Image

Auch durch andere Kriterien kann die Postbank nicht hervorstechen. Mit Null Punkten – so bewerten die Kenner der Marke das Preis-Leistungs-Verhältnis auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten – liegt die Bank zwar gleichauf mit der Sparkasse (und deutlich vor der Deutschen Bank), doch zum Beispiel ING-DiBa, Sparda-Bank und Comdirect schneiden hier viel besser ab. Auch bewerten die Verbraucher die Qualität der meisten Konkurrenten deutlich besser als die der Postbank.

Vor dem Hintergrund dieser eher mäßigen Image-Indikatoren wundert es fast ein wenig, dass so viele diese Bank auf dem Zettel haben. Ein Grund dafür könnte die hohe Filialdichte sein, die nicht unbedingt als klassisches Merkmal der Qualität oder als Argument für eine hohe Zufriedenheit als Kunde angesehen wird. Zudem profitiert die Bank vielleicht auch noch von der farblichen und Namens-Ähnlichkeit zur Deutschen Post, die ein recht hohes Ansehen genießt – nach dem Motto: Ich mag die Postbank zwar nicht, aber falsch machen kann man mit ihr ja auch nichts.

Falls das so wäre, wäre das eine überschaubar attraktive Ausgangslage für die Zukunft und die Deutsche Bank hätte ein berechtigtes Interesse daran, die gelbe Tochter loszuwerden. Andererseits: Die Postbank weckt immer noch das Interesse potenzieller Kunden. Darauf kann man ja aufbauen. Und zumindest bei Privatkunden wird sich die Marke Postbank leichter tun als die Konzernmutter Deutsche Bank, deren Image durch die Skandale der Vergangenheit doch deutlich mehr Schrammen besitzt. Rein markentechnisch könnte die Postbank sogar noch deutlich stärker von der Deutschen Post profitieren, deren Imagetendenz aktuell weiter steigend ist.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa