Immobilienseiten: viel geklickt, mäßig geliebt

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Mai 30, 2016, 10:31 vorm. GMT+0

Bei der Wohnungssuche im Netz haben deutsche Verbraucher nur wenige Alternativen: Immobilienscout24 ist der Marktführer – sogar aus Sicht der Kunden der Konkurrenz.

Wenn wir mit Facebook fertig sind und Wikipedia durch haben, wohin surfen wir Deutschen dann im Internet? Wetterseiten, klar. Aber was uns dann noch mit am meisten interessiert, ist überraschend: Immobilienbörsen rangieren unter den beliebtesten Special-Interest-Websites im YouGov-Markenmonitor BrandIndex. Weit mehr Menschen suchen online nach einer neuen Wohnung als nach einem neuen Partner. Konkret geben in unseren repräsentativen Umfragen aktuell 13 Prozent der Verbraucher an, Immobilienscout24 kürzlich in Anspruch genommen zu haben – sei es um nach einer Miet- oder Eigentumswohnung zu suchen oder um eine anzubieten.

Immobilienscout24 ist damit die Wohnungsbörse mit den meisten Nutzern. Immonet und Immowelt teilen sich den zweiten Platz mit jeweils etwa halb so vielen Nutzern. Beide gehören zur Immowelt Group. Es wäre allerdings ein Trugschluss zu glauben, dass sie zusammen dem Marktführer das Wasser reichen können. In unseren Erhebungen geben etwa drei von vier Nutzern von Immowelt bzw. Immonet an, auch Nutzer des jeweils anderen Portals derselben Firmengruppe zu sein. Insgesamt dürfte die Kundenbasis also kleiner sein als die von Immobilienscout24.

Wer auf dem Immobilienmarkt unterwegs ist, ist sicher gut beraten, sich bei mehreren Portalen anzumelden. Daher ist die überwiegende Zahl der Kunden der Immowelt Group auch Kunde der Konkurrenz von Immobilienscout24. Umgekehrt gilt das nicht: Weniger als die Hälfte der Nutzer von Immobilienscout24 sehen sich auch bei Immowelt oder Immonet um.

Verbraucher haben mehrere Portale im Blick

Eine Ursache ist die bereits angesprochene geringere Bekanntheit der Marken Immowelt und Immonet. Immerhin kennen aber drei von vier (derzeitigen oder ehemaligen) Immobilienscout24-Nutzern die Namen der Konkurrenz.

Eine weitere Ursache – und die dürfte für die Immowelt Group das größere Problem darstellen – ist das schlechtere Image. Wir fragen Verbraucher, die angeben, die jeweiligen Marken zu kennen, unter anderem nach ihrem Eindruck von Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis, nach ihrer Zufriedenheit und ihrem Gesamteindruck von der Marke. Daraus bilden wir einen Indexwert, der zwischen -100 und +100 Punkten liegen und als Gradmesser für das Image einer Marke dienen kann. Immobilienscout24 kommt dabei auf eine ordentliche Bewertung von +29 Punkten, Immonet und Immowelt erreichen +20 Punkte – ein deutlicher Abstand, aber keine schlechte Bewertung. Das eigentliche Problem offenbart sich, wenn wir die Ergebnisse nach Befragten filtern, die Immowelt oder Immonet schon einmal genutzt haben. Typischerweise erreichen Marken unter ihren eigenen Kunden Imagewerte, an die Konkurrenzmarken kaum heranreichen. Nicht so hier: Selbst bei Immowelt- oder Immonet-Nutzern liegt Immobilienscout24 nach Imagepunkten deutlich vorn.
Man stellt sich vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse durchaus die Frage, ob es sich nicht lohnen würde, eines der beiden Immowelt-Group Portale bzgl. ihres Marktauftritts deutlicher zu differenzieren, um so eine wirkliche Alternative zum noch obligatorischen Platzhirsch Immobilienscout zu schaffen.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa