Nichts geht über eine normale Packung Kaffee

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Mai 23, 2016, 11:48 vorm. GMT+0

Ein normaler Filter-Kaffee ist dem Deutschen immer noch am liebsten. Pad- und Kapsel-Marken schneiden im BrandIndex deutlich schlechter ab als Marken, die für normalen gemahlenen Kaffee in der 500-Gramm-Packung bekannt sind.

Wer im Supermarkt vor dem Kaffeeregal steht, hat die Qual der Wahl. Neben Kriterien wie Bohnenart, Röstgrad, Fairtrade oder nicht, Bio oder herkömmlich, gemahlen oder ganze Bohne, lose, im Pad oder in der Kapsel, muss sich der Kunde auch aus diversen Marken eine heraussuchen. Beim Tee gilt Ähnliches und so war es kein Problem, unseren BrandIndex-Sektor „Kaffee & Tee“ mit 30 Marken zu füllen, zu denen wir Verbraucher befragen, wie sie zum Beispiel die angebotene Qualität einschätzen oder ob sie kürzlich Werbung einer Marke wahrgenommen haben.

Tchibo ist bei den Kaffeemarken die bekannteste Marke in Deutschland. Neun von zehn Verbrauchern kennen sie. In dieser Kolumne lassen wir sie allerdings außen vor, weil sie nicht nur als Kaffeeanbieter, sondern bei vielen Menschen auch als Händler von zum Beispiel Kleidung und Haushaltswaren bekannt ist. Reine Kaffeemarken wie Jacobs, Melitta, Dallmayr und Nescafé kommen aber auf ähnliche Bekanntheitswerte. Und auch vergleichsweise jüngere Marken, wie Senseo, Nespresso und Tassimo, sind mit mehr als 77 Prozent Bekanntheitsgrad den meisten Deutschen ein Begriff.

Pads und Kapsel-Anbieter mit schlechtem Preis-Leistungs-Verhältnis

Doch betrachten wir die Beliebtheitswerte der Marken, werden schnell Unterschiede deutlich. Die deutschen Verbraucher scheinen die klassischen Kaffee-Marken, die gemahlenen Kaffee oder auch als ganze Bohne in der Pfund-Packung anbieten, mehr zu mögen. Im Index, der mehrere Kategorien wie Qualität und Kundenzufriedenheit zusammenfasst, ist Dallmayr mit sehr guten +38 Punkten die beliebteste reine Kaffeemarke (auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten) unter denjenigen, die angeben, die jeweilige Marke zu kennen. Mit +34 Punkten folgen Jacobs, Lavazza und Melitta.

Die bekannteste Pad-Marke Senseo kommt dagegen nur auf +15 Punkte. Die geringere Beliebtheit könnte an der Verkaufseinheit „Pad“ liegen – Marken, die ebenfalls Pads oder Kapseln verkaufen, können nämlich ebenfalls nicht mit Dallmayr und Co. mithalten. Nespresso und Cafissimo erreichen im Index bescheidene +10, Tassimo +9 Punkte. Ein Grund dafür ist schnell gefunden: Die Markenkenner bescheinigen den Pad- und Kapselherstellern ein negatives Preis-Leistungs-Verhältnis. Das allerdings ist auch eine Frage des Alters: Für Jüngere ist es anscheinend ein kleineres Thema für den Komfort zu bezahlen, sich schnell eine einzelne Tasse Kaffee zubereiten zu können. So bewerten die unter 30-Jährigen das Preis-Leistungs-Verhältnis von etwa Cafissimo und Senseo deutlich besser als die über 50-Jährigen.

Gelegenheit schafft ebenfalls Kaffeekäufer

Bemerkenswert ist Nespresso. Obwohl jeder vierte Markenkenner kürzlich Werbung der Marke registriert hat – damit erreicht Nespresso nach Tchibo die zweithöchste Werbewahrnehmung unter allen Kaffee- und Teemarken –, geben nur 14 Prozent der Markenkenner an, Nespresso bei der Auswahl eines Kaffees auf dem Zettel zu haben. Für die Verbraucher bleibt Nespresso zu teuer, das zeigt die Einschätzung des Preis-Leistungs-Verhältnisses. Da spielt es auch keine Rolle, wie hoch das monatlich verfügbare Netto-Einkommen ist.

In die engere Auswahl ziehen die Kenner der jeweiligen Marken beim Kauf eines Kaffees vor allem Dallmayr, Jacobs, Melitta und Amaroy. Amaroy, die Eigenmarke von Aldi Süd, ist in gewisser Weise ein Kuriosum: Von den Kennern der Marke wird ihr die im gesamten Sektor Kaffee & Tee schlechteste Qualität bescheinigt, sie wird nicht sonderlich gerne weiterempfohlen und auch die Verbraucher haben einen unterdurchschnittlichen allgemeinen Eindruck von der Marke. Trotzdem schafft Amaroy es, dass die Kenner die Marke auf dem Schirm haben und sich gut vorstellen können, ein Paket zu kaufen. Eine Gelegenheit (Einkauf bei Aldi) und ein niedriger Preis sind wohl auch gute Gründe ein Kaffee-Produkt zu kaufen. Funktioniert sogar ganz ohne George-Clooney-Werbung.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa

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