Albert Heijn: Gekommen, um zu bleiben?

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Mai 02, 2016, 11:06 vorm. GMT+0

„Lekker“ sollen die Convenience-Produkte sein, doch die Deutschen scheinen noch nicht überzeugt. Die Expansion der niederländischen Supermarkt-Kette Albert Heijn läuft hierzulande schleppend. Dabei sind unsere Nachbarn Riesen-Fans der Marke.

Ende 2012 begann der niederländische Supermarkt-Riese Albert Heijn seine Expansion nach Deutschland. Innerhalb eines Jahres wollte man auf zehn Standorte in Deutschland wachsen. Doch bis heute gibt es hierzulande nur sechs Filialen, der erste Laden in Aachen ist schon wieder geschlossen. Schade, muss man sagen, denn unsere niederländischen Nachbarn sind wahre Fans von Albert Heijn. Der YouGov-Markenmonitor BrandIndex zeigt, was Verbrauchern dort an der Supermarktkette gefällt.

Insgesamt erreicht Albert Heijn (AH) in den Niederlanden hervorragende Werte. Im Index, der mehrere unserer Kategorien zu einem Wert zusammenfasst, kommt die Marke auf +47 Punkte. Dieser Wert errechnet sich aus Positiv- und Negativantworten niederländischer Verbraucher, die wir auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten auftragen. Antworten von Verbrauchern, die die Marke nicht kennen, berücksichtigen wir dabei nicht. Das macht AH mit seinen vielen verschiedenen Shop-Konzepten vom Superstore bis zum To-Go-Lädchen und der damit einhergehenden Allgegenwärtigkeit in den Niederlanden besser vergleichbar mit anderen Supermarktketten unter deren Kennern. Dazu gehören Lidl und Aldi, mit jeweils mehreren hundert Filialen weniger präsent als AH mit seinen rund 1.000 Geschäften.

Lidl erreicht mit +34 Punkten den zweiten Platz im niederländischen Index, Aldi muss sich mit +10 Punkten und dem Mittelfeld begnügen.

Lekker Qualität

Es ist vor allem die Qualität, die niederländische Verbraucher an AH schätzen. +69 Punkte in dieser Kategorie sprechen eine deutliche Sprache. Lidl erreicht aktuell +31 Punkte. Das Vertrauen unserer Nachbarn in AH ist anscheinend kaum zu erschüttern. Als in der Osterzeit zufällig entdeckt wurde, dass manche der von AH verkauften Wachteleier befruchtet waren, sorgte das nicht etwa für einen handfesten Skandal, sondern die Niederländer machten sich einen Spaß daraus, die Eier auszubrüten und die Wachtelküken beim Schlüpfen zu beobachten. Die Beurteilung der Qualität von AH sank im BrandIndex nur geringfügig. Im Buzz, der misst wie positiv oder negativ eine Marke im Gespräch ist, war nach wie vor eine Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass sie hauptsächlich positive Nachrichten über Albert Heijn hören.

Die Niederländer kennen aber auch die Vorzüge der deutschen Discounter – und das ist vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier sehen sie Lidl eindeutig in der Spitzenposition: +56 Punkte. Auf Platz zwei Aldi (+35) und abgeschlagen Albert Heijn mit nur +14 Punkten.

Die Stärken von Aldi, Lidl und Rewe

Qualität hat eben auch bei Albert Heijn ihren Preis. Da hilft auch der holländische Charme nicht viel (man schreibt in der Werbung und in Social Media konsequent „lekker“ statt „lecker“), mit dem die Marke in Deutschland Punkte sammeln will. Die „To Go“-Shops von AH sind bisher nur an sechs grenznahen Standorten in Nordrhein-Westfalen zu finden, vorzugsweise in Bahnhöfen. Der Markt ist umkämpft. Vor allem Rewe dürfte auf diese Standorte Anspruch erheben. Mit einem ähnlichen Profil im BrandIndex und einem ebenfalls auf Convenience-Produkte ausgerichteten To-Go-Konzept arbeiten die Kölner schon eifrig daran, auch den Niederländern zuvorzukommen.

Ans Aufgeben scheint Albert Heijn aber nicht zu denken. Gerade erst hat das Unternehmen neue Stellenausschreibungen für seine deutschen Filialen ins Netz gestellt. Wer eine Bewerbung erwägt, den dürften diese BrandIndex-Werte ermuntern: Die Niederländer schätzen Albert Heijn als weitaus besten Arbeitgeber der Branche ein.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa