Die heiße Phase für Energiekonzerne

Markus BraunBis Dezember 2017 Head of Business Unit Reports bei YouGov
März 21, 2016, 12:17 nachm. GMT+0

Der Essener Energiekonzern RWE beschreibt die eigene Situation in einer Pressemitteilung so: „Die Erfolge im Bereich Erneuerbare Energien und der über den Erwartungen erzielte Fortschritt bei der Umsetzung des Effizienzsteigerungsprogramms reichten jedoch nicht aus, um den Ergebnisrückgang insbesondere in der konventionellen Stromerzeugung auszugleichen.“ So sei das Nettoergebnis auf minus 170 Millionen Euro zurückgegangen. Anders formuliert: RWE hat im vergangenen Jahr Verluste gemacht.

Verbraucher nehmen diese Nachricht kombiniert mit der aktuellen Klage der deutschen Kernkraftwerksbetreiber vor dem Bundesverfassungsgericht als negativ wahr. Im YouGov-Markenmonitor BrandIndex zeigt der Buzz -12 Punkte an. Das heißt: Für diejenigen, die angeben, RWE zu kennen, gibt die Marke derzeit kein gutes öffentliches Bild ab.

Zusammen mit dem schwierig gewordenen Braunkohle-Sektor zeigt die aktuelle Situation erneut, mit welchen Herausforderungen die großen Energiekonzerne EnBW, E.On, RWE und Vattenfall in Deutschland zu kämpfen haben. So belegt RWE einen der hinteren Plätze in der Rangliste, die zeigt, welche Marke Verbraucher in die engere Wahl ziehen, die „auf jeden Fall“ oder „eher“ einen Wechsel des Energieversorgers planen. 15 Prozent der Wechselwilligen und gleichzeitig Kenner der jeweiligen Marken geben an, RWE auf dem Zettel zu haben. EnBW kommt hier auf zwölf Prozent, (beispielsweise) E wie Einfach auf 24, Yello Strom auf 26. Bei diesem Ranking wurden die vergangenen 52 Wochen betrachtet und nicht wie normalerweise die vergangenen vier Wochen.
Die Kundenzahl von RWE ist ziemlich konstant und für den Energiesektor immer noch hoch. Fünf Prozent aller Deutschen geben an, Kunde von RWE zu sein – nur Vattenfall und E.On haben mehr.

E.On setzt inzwischen auf erneuerbare Energiequellen, RWE ebenfalls. 2015 ist das RWE-Ergebnis in diesem Bereich von 186 auf 493 Millionen Euro angestiegen. Und so banal es klingt: Die Verbraucher wollen Öko. Unter den fünf im BrandIndex bestbewerteten Energiemarken sind vier klassische Ökostrom-Anbieter.

Die großen Energiekonzerne haben sozusagen noch die Kern- und Kohlekraftwerke am Bein, die ihnen das Image verhageln. Andererseits sollten sie genau wegen dieser Anlagen den Strom günstiger anbieten können als kleinere Energielieferanten. Doch ausgerechnet in der Kategorie, die das misst, schneiden die großen Marken am schlechtesten ab: Die Verbraucher bescheinigen den vier großen Energiekonzernen (plus Gazprom) das schlechteste Preis-Leistungs-Verhältnis. Das wiederum steht in einem nahezu linearen Zusammenhang zur Frage, ob sich die Verbraucher vorstellen können, Strom oder Gas von diesen Marken zu beziehen.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis wäre also ein Ansatz für RWE, Vattenfall, E.On und EnBW, sich fit für die Zukunft zu machen. Ein weitere Chance ist die Größe an sich: Wer, wenn nicht die großen Energiekonzerne, sind in der Lage neue Techniken wie Smart Home, intelligente Stromzähler, Energiespeicher oder schlaue Lösungen für die Elektromobilität zu entwickeln? Und gleichzeitig Antreiber des Umstiegs auf erneuerbare Energien im großen Stil zu sein? Sie könnten gebraucht werden: Erst 30 Prozent des erzeugten Bruttostroms stammt aus erneuerbaren Energiequellen.

Die vollständige Kolumne finden Sie hier.

Bild: dpa