Mars kann sich bei den Brauereien bedanken

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Februar 29, 2016, 9:19 vorm. GMT+0

Vor dem Rückruf wegen eines gefundenen Kunststoffteils lief es für die Schokoriegel Mars und besonders Snickers gar nicht schlecht. Vor einem Monat haben im YouGov-Markenmonitor BrandIndex repräsentativ sieben Prozent aller Deutschen angegeben, in den letzten 30 Tagen einen von diesen Snacks gekauft zu haben. Während die Kundenzahl etwa für Duplo gleich blieb, stieg sie bei Snickers auf aktuell neun Prozent. Allerdings sank die Zahl derjenigen, die angegeben haben, kürzlich die Snack-Mischung Celebrations gekauft zu haben, die unter anderem Mars und Snickers im Kleinformat enthalten.

Den Einzelriegeln Mars und Snickers steht vermutlich nun eine zumindest kurzfristige, ähnliche Entwicklung bevor wie sie Celebrations vorgemacht hat. Nachdem diese Artikel vergangene Woche zurückgerufen wurden, weil in mindestens einem Schokoriegel ein Kunststoffteil gefunden wurde, zeigt der Buzz schon mal, in welche Richtung es geht: nach unten. Am Buzz ist abzulesen, ob die Verbraucher kürzlich Positives oder Negatives über eine Marke gehört haben. Um die Aktualität der Ereignisse besser abbilden zu können, berücksichtigen wir (ausschließlich) beim Buzz die Nennungen der vergangenen Woche – normalerweise verwenden wir bei allen Angaben einen 4-Wochen-Schnitt, um noch robustere Daten zu erhalten.

Unter den Kennern der Marke erreicht Mars im Buzz derzeit einen Wert von -24 Punkten (auf einer Skala von -100 bis +100), Tendenz weiter fallend. Das ist sehr deutlich im negativen Bereich, was bei einer Rückrufaktion wegen potenzieller Gesundheitsgefährdung zu erwarten ist. Auch von Snickers (-11) und Celebrations (-9) hören die Verbraucher zurzeit vermehrt Negatives. Dass Mars besonders schlecht wegkommt, dürfte auch daran liegen, dass der Mutterkonzern der Marken „Mars“ heißt und Medien titelten, dass „Mars“ diverse Schokoriegel zurückruft. Um davon zu erfahren, dass auch Snickers und Celebrations betroffen sind, musste man in manchen Medien dann schon etwas mehr lesen.

Trotz der negativen Wahrnehmung der Verbraucher muss sich Mars vermutlich nicht allzu große Sorgen machen. Das Unternehmen hat eine plausible Erklärung geliefert, wie das Kunststoffteil in den Schokoriegel gelangt ist und nach eigener Aussage mehr Produkte zurückgerufen als eigentlich notwendig war. Zudem zeigt die Erfahrung, dass Marken nach Rückrufen (etwa im Automobil- oder Lebensmittelbereich) relativ schnell zu alter Stärke zurückfinden, wenn die Ursache für den Rückruf glaubwürdig abgestellt wurde.

Zu alter Stärke – das hieße bei Mars, Snickers und Celebrations gutes Mittelfeld. Im Index, der mehrere Kategorien wie Allgemeiner Eindruck, Qualität und Kundenzufriedenheit zusammenfasst und damit im BrandIndex den aussagekräftigsten Wert über ein Markenimage liefert, lagen die drei Marken im 4-Wochen-Schnitt am Montag – vor dem Rückruf – zwischen +28 (Snickers) und +25 (Celebrations) Punkte unter den jeweiligen Kennern der Marke. In dieser Größenordnung bewegen sich auch direkte Mitbewerber-Snacks, etwa KitKat, Pick Up!, Twix und Knoppers. Lediglich die Ferrero-Produkte Duplo und Hanuta haben sich mit mindestens +32 Punkten in Deutschland ein noch besseres Image erarbeitet.

Vermutlich ist die Rückruf-Aktion weniger relevant als manche Medien in ihren Überschriften titeln. Dirk Popp von der PR-Agentur Ketchum Pleon schreibt in der Online-Ausgabe der Werbe-Fachzeitschrift Horizont: „Die Alarmstufe steht eigentlich ständig auf Rot. Ob das iPhone-Ladegerät, der Blütenhonig oder jetzt eben der Mars-Riegel – die Reaktion fällt immer häufiger immer ähnlicher aus: ein Schulterzucken [...]. In Zeiten, in denen Hype-Erregung normal ist, erregen sich immer weniger.“ Daten des BrandIndex können diese These stützen: Weniger als jeder dritte Kenner der Marke Mars hat in den vergangenen zwei Wochen von ihr überhaupt etwas gehört (Basis: 1-Wochen-Schnitt). Bei Snickers und Celebrations sind es noch weniger: Maximal jeder Fünfte gibt an, von der Marke etwas mitbekommen zu haben.

Und zum Glück für Mars steht mit dem Bier-Glyphosat-Skandal schon der nächste Aufreger in den Schlagzeilen. Nächster Hype, damit ist Mars schon wieder von der Titelseite verdrängt. So funktioniert unsere Medienwelt mittlerweile. Allerdings dürfte das Unkrautvernichtungsmittel im Bier für die getesteten Marken Krombacher, Oettinger, Bitburger, Veltins, Beck’s, Paulaner, Warsteiner, Hasseröder, Radeberger, Erdinger, Augustiner, Franziskaner, König Pilsner und Jever sehr wahrscheinlich deutlich schädlicher wirken als der Plastik im Schokoriegel. Das liegt am Reinheitsgebot für deutsches Bier. Und ein Bier kann nicht rein sein wenn da Unkrautvernichtungsmittel drin ist – auch wenn das nach Aussagen des Deutschen Brauer- Bund „inzwischen fast überall“ drin ist. Es bleibt spannend!

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Bild: dpa