Legale Prostitution: Mehrheit befürwortet Status quo

August 27, 2015, 12:00 vorm. GMT+0

Zwei von drei Deutschen befürworten, dass Prostitution juristisch wie jede andere Dienstleistung gehandhabt wird. Moralisch verwerflich finden sie vor allem Jüngere.

Amnesty International hat kürzlich bekanntgegeben, in Zukunft für die weltweite Legalisierung von einvernehmlicher Prostitution einzutreten. Unter anderem bei Alice Schwarzer und der von ihr verantworteten Zeitschrift Emma hat das für Verwunderung und Empörung gesorgt. Denn dort wird schon seit Jahrzehnten gegen die Legalität und Akzeptanz der Prostitution gekämpft. Und doch regelt seit 2002 das Prostitutionsgesetz, dass das „älteste Gewerbe der Welt“ in Deutschland anderen Dienstleistungen rechtlich weitestgehend gleichgestellt ist.

Diese Regelung befürwortet die breite Mehrheit der Deutschen – unter anderem, weil er für mehr Sicherheit und Rechte der Prostituierten sorgt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen YouGov-Umfrage. Demnach befürworten zwei von drei Befragten (66 Prozent) die weitgehende rechtliche Gleichstellung von Prostitution mit anderen Dienstleistungen, 22 Prozent lehnen sie ab.

Zumindest in der Tendenz zeigt sich das Verhältnis auch beim Blick auf einzelne Bevölkerungsgruppen. So befürworten die Männer – von denen immerhin jeder Sechste (18 Prozent) zugibt, schon einmal für Sex gezahlt zu haben – zwar überdurchschnittlich häufig (73 Prozent) den Status quo, doch auch die Frauen sind mehrheitlich (60 Prozent) dafür. Und auch die Wähler aller im Bundestag vertretenen Parteien sind mehrheitlich dafür: 69 Prozent der Unions-Wähler und sogar je 75 Prozent der SPD- und Grünen-Anhänger sind für die rechtliche Gleichstellung.

Gründe

Als einer der Gründe sowohl für die Einführung des Prostitutionsgesetzes vor 13 Jahren als auch für den Richtungswechsel bei Amnesty International gilt die Hoffnung „eine der am meisten marginalisierten Gruppen der Welt" vor Diskriminierung und Ausbeutung zu schützen. Auch für die deutsche Bevölkerung scheint dies ein überzeugender Grund zu sein. Denn aus einer Liste verschiedener Argumente für die Legalität einvernehmlicher Prostitution wurden besonders häufig solche als überzeugend ausgewählt, in denen es um den Schutz der Prostituierten geht.

So halten die Hälfte der Befragten (50 Prozent) und sogar zwei von drei Grünen-Wählern (69 Prozent) für besonders ausschlaggebend, dass die Legalität das mit der Prostitution verbundene Stigma reduziert und so bei Missbrauch den Gang zur Polizei erleichtert. Auch ein fairerer Lohn und die bessere Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte durch Professionalisierung des Gewerbes halten je 43 Prozent für besonders überzeugende Argumente. Auf der anderen Seite erhalten insbesondere Aussagen Zustimmung, dass auch legale Prostitution in ihrem Umfeld zu Gewalt und Kriminalität führt (22 Prozent), sowie dass sie Sextourismus fördert und zu unsicheren Städten führt (20 Prozent).

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Ein beliebtes Argument gegen die Legalität von Prostitution ist aber auch, dass Menschen doch lieber ein Verhältnis zu einem „echten“, festen Partner aufbauen sollten. Jeder fünfte Befragte (20 Prozent) hält dies für einen überzeugenden Punkt – und sogar jeder dritte Befragte zwischen 18 und 24 Jahren (31 Prozent).

Zudem ist diese Altersgruppe nicht nur wesentlich weniger überzeugt von der rechtlichen Situation in Deutschland als ältere Gruppen – nur die Hälfte der Jungen (50 Prozent) befürwortet den Status quo, jeder Dritte (32 Prozent) lehnt ihn ab -, sondern hält Prostitution auch besonders häufig für verwerflich. Denn während in der Gesamtbevölkerung die Mehrheit (51 Prozent) es moralisch grundsätzlich für akzeptabel hält, eine Prostituierte aufzusuchen, sind die 18- bis 24-Jährigen tendenziell anderer Meinung. Von ihnen halten den Besuch einer Prostituierten 43 Prozent für moralisch inakzeptabel, nur jeder Dritte (35 Prozent) findet ihn Ok.

Übrigens: In Großbritannien, wo eine ähnliche Umfrage durchgeführt wurde, haben nach eigenen Angaben nur halb so viele Männer für Sex bezahlt wie in Deutschland. Doch auch dort sind Männer und Frauen eher für eine legale und entkriminalisierte Prostitution.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 1294 Personen im Zeitraum vom 14. bis 21. August 2015 repräsentativ befragt.

Fotos: Yui Mok/PA Wire