Welcher stationäre Händler kann Onlineportalen Paroli bieten?

YouGov
April 28, 2014, 11:50 vorm. GMT+0

Nach Amazon nun also Zalando. Die Aufregung ist groß, weil eine RTL-Journalistin undercover recherchiert hat, wie schlecht die Arbeitsbedingungen im Lager des Modeversenders sind. Es wurde als Aufreger inszeniert und ein Shitstorm im Netz war praktisch unausweichlich. Hashtag: #Sklavando. Die erste Reaktion des Unternehmens: gelassen. Das nehmen die ohnehin schon aufgebrachten Anpranger dem Unternehmen zusätzlich übel, doch bleibt Zalando zurecht entspannt. Obgleich der tägliche YouGov-Markenmonitor BrandIndex seit Ausstrahlung der RTL-Dokumentation auf mehreren Dimensionen merkliche Verluste für Zalando ausweist, wird die geschürte Aufregung unserer Einschätzung nach schnell wieder vergessen sein. Unsere Erfahrung belegt: solche Kritik hagelt es vorrangig von Personen, die einer Marke gegenüber negativ eingestellt sind.

Das zeigt zum einen das Beispiel Amazon. Die Kritik an den Arbeitsbedingungen beim Alles-Versender Anfang 2013 liefert sehr gute Anhaltspunkte. Der Shitstorm samt Absacken der Amazon-Werte auf BrandIndex-Dimensionen war deutlich heftiger als bei Zalando – dennoch ist das Unternehmen in Deutschland erfolgreich wie nie zuvor. Darüber hinaus liefert der BrandIndex inzwischen sofort wertvolle Hinweise, ob Kunden Zalando die Treue halten. Derzeit würden genau so viele Verbraucher wie vor der RTL-Sendung eine Bestellung bei dem Versandhändler in Betracht ziehen. Und genauso viele Konsumenten wie vor dem Shitstorm planen ganz konkret, demnächst bei Zalando einzukaufen.

Dass die Verbraucher ihr Kaufverhalten wegen solchen Ereignissen nicht grundsätzlich ändern, dürfte weiterhin daran liegen, dass es in vielen Sortimentsbereichen weiterhin an überzeugenden Strategien der Wettbewerber mit stationärem Kerngeschäft mangelt. Wer gerne online einkauft und es schätzen gelernt hat, Produkte zu attraktiven Preisen nach Hause geliefert zu bekommen oder bei Nicht-Gefallen problemlos zu retournieren, der geht eben nicht in die Fußgängerzone, nur weil die Angestellten bei Expert, Görtz oder Peek & Cloppenburg vielleicht besser behandelt werden. Online einkaufen bleibt weiterhin schlicht zu bequem, macht Spaß und wenig Ärger.

Stationären Händlern fehlt hingegen dieser schlagkräftige Effekt der digitalen Markeninszenierung. Neue Ideen und zukunftsfähige Geschäftsmodelle können noch nicht überzeugen und benötigen im Hintergrund Zeit, die bisher schlicht nicht aufzuholen ist. Die Verbraucher werden aufgrund der ständig präsenten Online-Wettbewerber Lösungen nicht aufzeigen, sondern auf Lösungen reagieren. Da sich diese in unmittelbarer Zukunft immer noch nicht andeuten, prognostizierten vor kurzem Experten für einige Unternehmen erstmals öffentlich den Markt-Austritt voraus und erstellten eine rote Liste sortiert nach Bedrohungsgrad. YouGov hat ergänzend zum BrandIndex eine Kurz-Studie zu den Händlern durchgeführt, die auf diese Liste gesetzt wurden. Unsere Fragestellung an eine repräsentative Auswahl der Bundesbürger: „Welche dieser Läden würden Sie vermissen, falls sie morgen für immer schließen?“
Ein exklusiver Blick in die Ergebnisse zeigt: Nur drei Ladenketten würden von mehr als zwei Drittel ihrer Kenner vermisst – Saturn, C&A und Media Markt. Dahinter folgen mit Abstand Karstadt und Kaufhof.

Die vollständige Kolumne finden Sie unter wiwo.de.

Bild: dpa